Er wurde elf Mal Deutscher Meister, war von 1997 bis 2004 Profiboxer und sogar Weltmeister. Von seinen 34 Profikämpfen verlor Sven Ottke, 54, keinen einzigen. Heute spielt der ehemalige Box-Champ Golf. Und das sehr gut: Sein Handicap liegt derzeit bei 7.2! BYRG erreicht den gut gelaunten Mann mit der Berliner Schnauze auf dem Weg von Karlsruhe nach Berlin, „meine Mama besuchen“. Während der Fahrt nimmt er sich die Zeit und spricht mit BYRG über seine Anfänge als Golfspieler, seine unvergessensten Schläge, seine Lieblingsplätze – und natürlich über seine große Liebe zum Golfsport.
Vom Boxer zum Golfer: Wie kam es dazu?
Der erste Kontakt zum Golfsport kam durch meinen Manager Wilfried Sauerland zustande: Der war damals begeisterter Golfspieler. Er hat uns mitgenommen und uns verrückte Boxer einfach mal auf eine Driving Range gestellt! Wir hatten natürlich keine Ahnung, haben jede Menge fetter Rasensteaks aus dem Boden gehauen… Und wenn einer von uns doch mal einen Ball getroffen hat, dann wusste sofort das ganze Clubhaus Bescheid: Wir waren wohl doch ein wenig lautstärker. (lacht) Aber wir hatten einen Riesenspaß!
Hatten Sie da gleich Blut geleckt?
Nein, danach war Golf für mich erst einmal wieder gegessen. Aber ein paar Jahre später war ich mit meiner damaligen Frau und ihrem Steuerberater zum Essen im Hotel Villa Hammerschmiede bei Karlsruhe. Und am Nachbartisch saß eine Familie, die dort gerade einen Golfpreis gewonnen hatte. Meine Ex-Frau Gabi und die Dame am Nachbartisch kamen ins Gespräch und stellten fest, dass sie beide einmal Schwimmerinnen gewesen waren! Gabi war bei Olympia 1988 dabei; und die Dame wäre bei Olypmia 1980 in Moskau dabei gewesen, hätte es nicht den Boykott gegeben. So hatten die zwei sofort einen Draht. Und das Witzige war: Es handelte sich um die Familie Popov! Tochter Sophia ist, wie wahrscheinlich die meisten wissen, die erste Deutsche, die 2020 mit den British Open ein Major-Turnier gewonnen hat! Über Popovs bin ich dann auch zum Golfsport gekommen und zu meinem Heimatclub Johannesthal. Und es entstand eine sehr enge Freundschaft.
" … bis ich irgendwann mal ins Gras beiße.”
Ich spiele jetzt seit mehr als 20 Jahren Golf: Der Sport ist zu einem sehr wichtigen Teil meines Lebens geworden und wird es auch immer bleiben, bis ich irgendwann mal ins Gras beiße – im wahrsten Sinne des Wortes (lacht). Ich finde es einfach genial: Du kannst alleine spielen, zu zweit, zu viert… Du lernst in der Regel immer gute Leute kennen. Und die Herausforderung stellt sich jedes Mal aufs Neue: Meinen Platz kenne ich zum Beispiel seit meinen Anfängen und ich gehe trotzdem immer wieder gerne dort auf die Runde. Denn nie ist eine Runde gleich, oder auch nur ein Loch: Jedes Mal liegst du wieder irgendwo anders im Dreck… (lacht).
Sie haben mit 7.2 ein super HCP. Spielen Sie gerne Turniere? Kommt das Ihrem kompetitiven Charakter entgegen?
Klar, es macht doch Spaß, sich zu messen und darum zu kämpfen, sein Bestes zu geben! Ich wollte ja tatsächlich mal Pro werden und die Ausbildung zum Golflehrer machen: Zu der Zeit habe ich dann natürlich wahnsinnig viele Turniere gespielt, um das erforderliche Handicap 6 zu erreichen. Irgendwann musste ich mir aber eingestehen: Wenn man eine Sportart erst mit 33 Jahren anfängt zu lernen, ist es schwer, so gut zu werden, wie man es ansonsten vielleicht gekonnt hätte. Aber ich habe es tatsächlich geschafft! Nur: Um die 6 dann auch wirklich ständig zu spielen, dafür reicht es einfach nicht. Dazu kommt, dass ich in den Jahren als Boxer ganz andere Muskelgruppen angesprochen habe, ganz andere Bewegungen trainiert habe, als heute beim Golf nötig sind. Das macht es nichtunbedingt einfacher.
Sind Sie mit Ihrem Spiel, mit Ihrem HCP zufrieden?
Es ist doch generell so: Jede Runde ist tagesform abhängig. Die Top-Runden, auf denen man den Flow hat und denkt: Yes, es läuft! Jeder Drive fliegt, jede Annäherung sitzt, jeder Putt fällt – die spielt man doch höchstens zwei, drei Mal im Jahr. Normalerweise ist doch immer etwas. Der Paradesatz der Golfspieler ist doch: „Das kann doch nicht sein; was ist denn nur los heute?“ (lacht) Die Runden, nach denen du mit dir komplett zufrieden bist, die sind selten. Meist geht man vom Platz und sagt: Naja, da ist noch Luft nach oben… Und deshalb wird der Golfsport auch nie langweilig!
Was war der schönste Schlag ihres Golf-Lebens? Der, den Sie nie vergessen?
Das weiß ich noch genau: Das war ein Bunkerschlag, nach dem wahrscheinlich der ganze Golfplatz meine Reaktion gehört hat! Ich stand im Bunker, hab den Ball perfekt getroffen, der flog, schön weit, kam auf – und rollte ins Loch! Das war für mich noch geiler, als meine zwei Hole in One. Das war einfach mega!
Was ist der schönste Platz, den Sie bisher gespielt haben?
Einer meiner Favoriten ist der Golfclub „Am Mondsee“ in Österreich, in der Nähe von Salzburg. Rundherum sind die Berge, du fühlst dich wie in einem Vulkankrater. An manchen Löchern denkst du, du haust den Drive direkt gegen die Felswand. Und es gibt ein tolles Paar 3 über ein Wasser rüber; da ist es so: Du triffst – oder du triffst eben nicht. Und das Clubhaus liegt direkt am Drachensee: Wenn du nach der Runde Lust hast, kannst du noch schnell in den See springen. Aber Vorsicht: Der Drachensee ist ultrakalt! Die oberste Schicht ist zwar durch die Sonne angewärmt – aber unten frieren dir dann fast die Füße ab (lacht). Dieser Platz ist insgesamt idyllisch, anspruchsvoll und wunderschön!
Gibt es irgendeinen Platz, den Sie unbedingt noch mal spielen wollen?
Wenn ich ehrlich bin, eigentlich nicht. Denn es liegt ja nicht am Platz, wie eine Runde wird, sondern an dir selber. Du kannst den tollsten Platz spielen, triffst keinen Ball und hast am Ende so einen Hals! Bei mir ist es so: Ich spiele einfach gerne Golf. Ich muss nicht irgendwo hinreisen, um sagen zu können „Ich hab Augusta gespielt!“ Ich spiele lieber daheim eine gute Runde, setze mich danach ans Clubhaus, esse etwas Schönes und trinke ein Glas Wein und genieße den Tag. Das macht mich immer wieder glücklich.
Gibt es denn einen Spieler, mit dem Sie gern mal ‘ne Runde drehen würden?
Auch das nicht wirklich. Ich hatte ja bereits das Vergnügen, mit guten Leuten zu spielen. Mit Sophia Popov zum Beispiel. Aber auch mit Alex Cejka bin ich gut befreundet. Und dann ist ja immer noch die Frage, wie die Leute dann drauf sind: Ob sie Spaß am Spiel haben, oder in ihrem Tunnel sind und um sich herum gar nichts mitkriegen. Ich habe zum Beispiel mal mit Lee Westwood gespielt: Der war so fokussiert, der hat auf der ganzen Runde kein Wort gesprochen… Was ich natürlich sehr schade fand. Aber so hat halt jeder seine Art, auf die Runde zu gehen.
Was ist Ihr Golf-Motto?
Golf ist einfach ein mega-geiler Sport!